Mein Apple Watch (WatchOS 2.2.2) Erfahrungsbericht

applewatchIrgendwie war ich schon immer ein Uhren-Mensch. Soweit ich zurückdenken kann, immer haben mich Armbanduhren begleitet. Doch als die Ära der Smartphones anbrach, erwischte ich mich immer öfters dabei, das Haus ohne umgeschnallten Zeitmesser zu verlassen. Auf das ohnehin immer griffbereite Smartphone zu schielen dauert in den meisten Fällen nicht viel länger, als einen Blick aufs Handgelenk zu werfen. Weil ich jedoch ein Freund von Gadgets und technischem Spielzeugs aller Art bin, war diese Armbanduhr-lose Zeit auch schon wieder vorüber, als ich mir eine Pebble (und später eine Pebble Time) Smartwatch zulegte. Obwohl ich mit meinen Pebbles nach wie vor sehr zufrieden bin, wagte ich nun den Blick über den Tellerrand und ergriff kürzlich die Gelegenheit, mir eine originale Apple Watch Sports 42mm mit WatchOS 2.2.2 genauer anzusehen.

Von Pebble kommend fiel mir als Erstes auf, wie langweilig doch die Watchfaces (aka Ziffernblätter) der Apple Watch sind. Gibt es für die Pebble unzählige abwechslungsreiche Watchface Designs im Pebble Store, stehen auf der Apple Watch nur eine handvoll vorinstallierter Watchfaces zur Verfügung. Die meisten davon können zwar konfiguriert und angepasst werden, doch die Gestaltungsmöglichkeiten hierfür sind äußerst begrenzt. Ich hoffe, mit WatchOS 3, welches für nächste Woche angekündigt ist, verbessert sich die Lage. Und ich rede jetzt nicht vom Minnie Mouse Watchface, sondern von aufwändig gestalteten Watchfaces von Drittentwicklern. Ich bin übrigens beim schlichten „Solar“ Watchface hängen geblieben, welches den Tagesverlauf der Sonne zeigt:watchfaceFast jedes Watchface lässt sich übrigens durch so genannte Komplikationen erweitern. Komplikationen können genutzt werden, um etwa Datum, Temperatur, Kalender Termine oder direkt von Apps bereitgestellte Daten direkt am Watchface anzeigen zu lassen. Ein Touch auf eine Komplikation öffnet die jeweilige App. Da ich persönlich schlichte Watchfaces ohne zu viel Firlefanz mag, verwende ich Komplikationen jedoch kaum.

Als iPhone Benutzer litt ich unter der quasi nicht vorhandenen Konnektivität zwischen Telefon und den Pebble Smartwatches. Mit der Apple Watch ist das nun kein Thema mehr, Uhr und iPhone arbeiten naturgemäß einwandfrei und ohne Einschränkungen zusammen. Mittels der „Watch“ App kann man am iPhone festlegen, welche Notifications von welchem Apps auf der Watch angezeigt werden sollen und welche nicht. Was ich grandios finde: Sobald man die Apple Watch trägt, werden neuen Nachrichten nur mehr auf der Uhr angezeigt, das iPhone bleibt still und der Screen bleibt dunkel. Bei der iPhone-Pebble Kombination litt ich des Öfteren an Reizüberflutung, wenn ich doppelt und (gefühlt) dreifach auf jede einzelne Benachrichtigung aufmerksam gemacht wurde.

Benachrichtigungen aller Art machen sich durch leichte und angenehm „runde“ Vibrationen bemerkbar – die ich leider recht oft einfach übersehen (oder überspürt) habe. Erst mit der „Markante Haptik“ Einstellung verbesserte sich die Lage, obwohl ich trotzdem noch des Öfteren Notifications „überspüre“. Mit der Pebble ist mir das nie passiert.

Das Display selbst ist in Ordnung, die Auflösung passt, mit der Helligkeit hatte ich bisher auch im Freien keine Probleme und das Wischen über die abgerundeten Kanten fühlt sich sehr angenehm an. Kommen wir zum meiner Meinung nach größten Manko der Apple Watch: Das Display ist aus Akku-technischen Gründen die meiste Zeit aus. Man muss den Arm heben und in den richtigen Winkel bringen, damit das Display für einige Sekunden aktiv wird. Diese Armbewegung, wo der Ellbogen recht weit nach oben und der Unterarm waagrecht zu bringen ist, war anfangs sehr ungewohnt. Trotzdem finde ich es nach wie vor ziemlich traurig, dass der beiläufige Blick auf die Armbanduhr zur Zeitbestimmung nicht möglich ist. Nach einigen Wochen mit der Apple Watch erscheint mir das ständig aktive Display meiner Pebble Smartwatches wie pure Magie.

Die Apple Watch ist Apples erstes Gerät mit so genanntem Force Touch, einer Technologie, die den Druck erkennt, der auf das Display ausgeübt wird. Auf dem Papier macht das bei dem kleinen Screen einer Smartwatch Sinn, aber in der Praxis hat es mich noch nicht überzeugen können. Es fühlt sich einfach nicht gut genug an, den Screen damit zu bedienen. Aber vermutlich liegt das an der schlechten Performance von WatchOS 2, auf die ich später noch zu sprechen kommen werde.

Die Digital Crown, das an analoge Armbanduhren angelegte Drehrad (aka Krone) hat mich bisher auch nicht so ganz überzeugt. Es dient in den meisten Fällen dazu, durch Inhalte am Screen zu scrollen. Da ich aber mit meiner rechten Hand ohnehin zu meiner Linken greifen muss, um das Rad zu bedienen, kann ich gleich genauso gut mittels dem Touchscreen scrollen. Zum Vornehmen von feineren Einstellungen ist es jedoch recht praktisch, nicht mehr und nicht weniger.

Ich kann WatchOS 3 kaum erwarten, denn damit erhält der Side Button endlich eine sinnvolle Funktion. Derzeit öffnen er lediglich eine Kontaktliste, deren Sinnhaftigkeit mir ein völliges Rätsel ist. Ab WatchOS 3 wird der Side Button ein App Auswahlmenü öffnen, was mir unendlich sinnvoller erscheint.

Auch wenn die Apple Watch nicht die hübscheste Uhr der Welt ist, finde ich sie nach wie vor einigermaßen sexy. Das Material der 42mm Sport Edition sieht schick aus, ist gut verarbeitet und fühlt sich angenehm an. Obwohl die Apple Watch relativ schwer ist, trage ich sie deutlich öfter als meine Pebbles. Ich mag auch das Standard-Uhrenband recht gern und habe kein Verlangen, mir ein anderes anzuschaffen. Obwohl ich mich selbst als Grobmotoriker sehe, habe ich es bisher irgendwie geschafft, die Watch nicht zu beschädigen. Berichte von total zerkratzten oder gar herausgefallenen Displays kann ich also bisher nicht bestätigen. Wobei ich zur physischen Arbeit und zum Feiern am Wochende doch lieber meine Pebbles anlege. Sicher ist sicher 🙂 Apropos sicher ist sicher: Da die originale Apple Watch offiziell nicht wasserdicht ist, habe ich bisher jeden Kontakt mit dem kühlen Nass vermieden.

Die Bedienung einer Apple Watch mit WatchOS 2 ist alles andere als intuitiv. Ein Druck auf die Digital Crown öffnet eine Übersicht über alle installierten und verfügbaren Apps, die man dann mittels Touch öffnen kann. Da die App Symbole jedoch sehr klein sind, erwische ich hier ständig die falschen, weshalb ich diesen Screen so gut es geht vermeide. Befindet man sich gerade nicht auf einem Watchface, fungiert ein Druck auf die Digital Crown quasi als Home Button.

Die zweite Möglichkeit, Apps aufzurufen, ist über die sogenannten Checks. Diese muss man auf der Watch App auf dem iPhone konfigurieren, damit sie in einer Liste aufscheinen, die man durch einen vertikalen Wisch von unten nach oben aufruft. Durch diese Liste kann man dann horizontal scrollen und die gewünschte App starten. Intuitiv ist anders. Das wird mit WatchOS 3 übrigens der Vergangenheit angehören, da die Neubelegung des Side Buttons diese  Funktionalität übernehmen wird.

Performance ist bekannter Weise ja sehr eng mit Usability verbunden, denn je flotter und flüssiger die Toucheingabe von statten geht, desto angenehmer fühlt sich das Bedienen des Geräts an. Leider brauchen die Anwendungen der Apple Watch mit WatchOS 2 relativ lange, bis sie gestartet sind, und auch wenn sie bereits am Screen erschienen ist, sind sie oft noch einige Sekunden lang äußerst träge. Es zahlt sich in den meisten Fällen gar nicht aus, Apps auf der Watch zu benutzen, da es weitaus schneller ist, die geplante Tätigkeit gleich auf dem iPhone zu erledigen. Auch hier soll WatchOS 3 deutliche Verbesserungen bringen. Derzeit ist die gefühlte Performance der Apple Watch aber ziemlich schwach.

Genannte Performance-Probleme machen die Benutzung von Fitness Apps wie zum Beispiel Runtastic fast unmöglich. Will man während einem Workout schnell mal die aktuellen Daten abrufen, dauert es Sekunden, bis diese endlich angezeigt werden. Einzig die Apple Watch-native „Workout“ App ist vernünftig benutzbar, lädt schnell und macht fast alles, was man braucht. Leider wird die Uhrzeit während Workouts nirgends angezeigt, was bei einer SportUHR schon recht nervig ist. Da die Apple Watch keine GPS Sensoren besitzt, muss man übrigens für genaue Ergebnisse das iPhone immer dabei haben – Oder auf die Apple Watch Series 2 warten.

Ein fixer Bestandteil der Apple Watch sind die Aktivitätsbenachrichtigungen. Regelmäßig erscheinen Meldungen auf der Watch, die den Benutzer zu mehr Bewegung auffordern und ihm eine Zusammenfassung der aktuellen Aktivitäten zeigen. Ich finde dieses Feature eigentlich recht nett, aber auch nicht mehr. Killer-Feature würde ich es nicht nennen. Aber es soll ja Leute geben, die durch ihre Apple Watch zu richtigen Fitness-Enthusiasten geworden sind 🙂

Die Apple Watch ist mein erstes Gerät mit eingebautem Pulsmesser, ich habe daher keine Vergleichswerte. Ich finde es auf jeden Fall sehr praktisch, meinen Puls durch die Armbanduhr bestimmen lassen zu können, ohne bei Workouts dafür extra irgendwelche Gürtel umschnallen zu müssen. Die Messgenauigkeit des Pulsmessers kann ich nicht bestimmen. Obwohl sie manchmal zu extremen Werten tendiert, scheint sie die meiste Zeit recht akurat zu sein.

Apropos Akku. Der Stromverbrauch stellt wie bereits erwähnt eindeutig das größte Problem der Apple Watch dar. Auch wenn das Display die meiste Zeit gar nicht aktiv ist, hält eine Akkuladung bei meinem Gebrauch im Schnitt 12 – 18 Stunden. Bisher war das jedoch ausreichend, ich stand noch nie mit leerem Akku da. Da ich nachts keine Uhr trage, hängt die Apple Watch da sowieso an der induktiven Ladestation. Und so seltsam es auch klingen mag, ich finde das Laden mittels dieser Ladestation sehr befriedigend. Es ist schon irgendwie cool, wenn man die Watch abnimmt, auf die runde Ladestation legt, und diese sofort magnetisch an der Rückseite der Uhr anhaftet. Klar, noch cooler wäre es, wenn eine Akkuladung, wie bei einer Pebble, ein paar Tage halten würde. Insgesamt ärgerlich, aber bisher für mich kein Deal Breaker.

Ich muss gestehen, ich habe wegen dem Performance-Problemen kaum Apps ausprobiert, da man in so gut wie allen Fällen mit einem Griff zum iPhone schneller ist. Ich habe bereits damals auf der Pebble vergeblich nach sinnvollen Smartphone Apps gesucht und meine Hoffnung, diese auf der Apple Watch zu finden, wurde ebenfalls zunichte gemacht. Vielleicht wird sich ja das schlagartig mit der verbesserten Geschwindigkeit von WatchOS 3 ändern. Derzeit machen Apps auf einer Smartwatch meiner Meinung nach einfach keinen Sinn.

Die unnatürliche Haltung der Hände beim Bedienen einer Smartwatch (Rechte Hand auf linkes Handgelenk) macht das Verwenden von herkömmlichen Games zur Tortur. Ich wüsste auch nicht, warum ich auf dem kleinen Screen am Handgelenk etwas zocken möchte. Das einzige Genre, das mir hier halbwegs sinnvoll erscheint, sind die sogenannten Inkremental/Idle Games der Marke Cookie Clicker, also habe ich Farm Time von Wooga und Cosmic Rings von Square Enix ausprobiert. Obwohl ich auch hier keinen Vorteil davon sehen, diese Spiele auf der Watch und nicht am Phone zu spielen, spiele ich Farm Time zumindest bis heute noch aktiv. Cosmic Rings leidet leider so stark an den Performance Problemen der Apple Watch, dass ich es nach wenigen Tagen aufgegeben habe. Meine letzte Hoffnung liegt auf der neuen Pokémon Go Funktionalität für die Apple Watch, die später dieses Jahr verfügbar werden soll.

Humerisches Fazit:
Ich habe lange überlegt, wie ich einer „normalen“ Person, also jemanden, der sich nicht wie ich als einen Technik-und Gadget-Enthusiasten sieht, eine Apple Watch schmackhaft machen könnte. Ich habe einfach kein schlagendes Argument gefunden.

Am Nützlichsten sind Smartwatches meiner Meinung nach immer noch als Uhr (no na) und zum Anzeigen von Benachrichtigungen, wenn das Smartphone gerade nicht in der Nähe ist. Aber das wird für den „normalen“ Anwender nicht Grund genug sein, mehrere hundert Euro für ein Gerät zu zahlen, das die meiste Zeit gar keine Zeit anzeigt und zwei mal am Tag aufgeladen werden muss.

Eine Apple Watch mit WatchOS 2 ist derzeit also ein völlig sinnloses Gerät, es sei denn, man ist Gadget Enthusiast, so wie ich. Aber selbst für mich fühlt sich die Apple Watch nach wie vor als viel zu teurer Spaß an. Wenn man also nicht das brennende Verlangen danach verspürft, einen kleinen, smarten Touchscreen an sein Handgelenk zu schnallen, dann sehe ich keinen Grund, sich eine Apple Watch zu kaufen. Ich würde ohnehin sowieso zu eine Pebble raten. Diese hat  zwar keinen so hübschen Screen und keine Touch-Bedienung, jedoch zeigt sie ununterbrochen die Zeit an (sogar im hellsten Sonnenlicht), der Akku hält mehrere Tage, es gibt hübschere Watchfaces und sie ist billiger.

Aber vielleicht ändert sich aber alles mit WatchOS 3, das in wenigen Tagen erscheinen wird. Sobald es draußen ist und ich es einige Zeit verwendet habe, werde ich auf jeden Fall ein WatchOS 3 Update hier auf der HumePage verfassen.