Sony Reader PRS-600 Touch Edition [update]

Sony_Reader_Touch_Edition_01Bevor mir etwa vor einem Jahr ein Schulkollege seinen frisch aus den USA importierten eReader vorgeführt hatte, war ich mit dem Thema „eReader“ noch nicht in Berührung gekommen und auch nicht sonderlich interessiert. Was soll denn das in Zeiten von Netbooks und Smartphones bringen? Doch der interessante Unterschied ist die Anzeigeart: Die eReader sind nicht mit einem LCD Screen ausgestattet, sondern verwenden die sogenannte „eInk“ Technologie, die sich sehr von der auf Dauer die Augen sehr ermüdenden LCD Technik unterscheidet. eInk Screens ähneln tatsächlich herkömmlichem Papier und sind in der Regel nicht beleuchtet (ist ja ein Buch auch nicht). Bei Aufrufen der Seite wird das monochrome Bild aufgebaut, was eine halbe Sekunde bis Sekunde dauern kann, und bleibt dann dauerhaft angezeigt, wobei kein Strom mehr verbraucht wird – eBooks können somit mit einer Akkuladung extrem lange betrieben werden (Herstellerangaben sprechen meist von 7.000 – 10.000 mal umblättern). Eine nette Sache also.

In letzter Zeit häuften sich auf den gängigen News Seiten im Internet die Berichte über eBooks, was mich wieder dazu bewogen hat, mich auch etwas mit der Materie auseinander zu setzen. Ich recherchierte über die aktuellen und kommenden Geräte und stieß bald auf den „Sony Reader Touch Edition“. Ein eReader mit Touchbedienung hörte sich sehr interessant an, außerdem sah er auch optisch ansprechender aus als die anderen Geräte mit oft zu vielen Knöpfen und kleinerem Display. Größter Kritikpunkt war aber im Vorfeld, dass das eBook Store von Sony umständlich und kundenunfreundlich zu bedienen und der Registrierungsprozess problematisch sei. Da es aber weniger mein Vorhaben ist, darauf gekaufte eBooks zu lesen, sondern es mir hauptsächlich ums Griffbereit haben meiner hunderten Schulunterlagen im PDF Format geht, ist dies für mich vernachlässigbar. Da ich viel pendle, und dabei gern in meinen Unterlagen schmökere, aber keine 5.000 ausgedruckten Skripten herumschleppen möchte, und auch das Lesen am schweren Notebook eher mühsam (und Akku abhängig) ist, entschied ich mich, mich wiedermal selbst zu belohnen, und mir den Sony Reader Touch Edition zuzulegen. Laut ersten Internetrecherchen sollte das Gerät erst Ende Oktober erscheinen. Umso erfreulicher war dann die Info, dass das Gerät bei der Buchhandelskette Thalia bereits seit längerem erhältlich ist, wo ich dann auch zugeschlagen, und mir das Gerät gekauft habe.

Erste Eindrücke.

Das Gerät wird, nicht wie sein Vorgänger in einem Lederetui, sondern in einer Kunststoffhülle geliefert. Was ich aber gar nicht so übel finde, denn ich habe den Sony Reader lieber direkt in der Hand, weil er sich verdammt gut anfühlt. Außerdem würde ein Lederetui der Touch-Bedienung eher hinderlich sein.  Das Gehäuse ist aus edlem Metall und wirkt sehr robust, die Knöpfe sind alle sehr gut verarbeitet. Ladegerät ist keines dabei, es ist vorgesehen, dass man den Reader über das mitgelieferte USB Kabel am Computer lädt. Schließt man ihn daran an, werden  insgesamt drei Wechseldatenträger erkannt: Der interne Speicher und die beiden Slots für die (nicht mitgelieferten) SD und MemoryStick Karten. Etwas nervig ist, dass das Installationsprogramm der „eBook Library“ Software auch im Explorer als Laufwerk angezeigt wird, und es keine Möglichkeit gibt, es zu entfernen. Am internen Speicher sind einige Bücher als Auszüge und das Manual gespeichert, damit man sogleich mit dem Lesen beginnen kann.

Nach dem Einschalten fährt das Gerät einmal hoch, was nicht lange dauert. Danach sieht man gleich das Hauptmenü, wo man durch Antapsen der großen Symbole in die nächste Menüebene oder in die Bücherliste gelangt. Die Bedienung ist etwas träge, zwischen Eingabe und fertiger Ausführung vergehen oft 0,5 bis 2 Sekunden, was aber wahrscheinlich an der unflexiblen eInk Technik liegt. Eine von iPod und Co. gewohnt flotte Handhabung ist mit dem Ereader auf keinem Fall möglich – und wird beim Lesen von Büchern aber auch gar nicht gebraucht. Der Bildschirm ist dunkler als ich erwartet hatte, und die Schrift ist nicht tiefschwarz, sondern maximal dunkelgrau. Bei zu kleinen Schriftarten in PDFs (dazu später mehr) wird die Schrift oft sehr hell, bleibt aber halbwegs gut lesbar. Da das Display passiv ist (es leuchtet nicht von selbst), und Papier wirklich sehr nahe kommt, liest es sich darauf recht angenehm. Hat man eine gute Lichtquelle zur Verfügung, dann liest man darauf wirklich fast wie in einem Buch.

Aber das Bücherlesen war ja nicht mein primärer Verwendungszweck, sondern das Griffbereit haben meiner zahlreichen PDF Skripten.

Die Sache mit den PDFs…

Ähnlich wie moderne MP3 Player sortiert der Reader die Files nicht nach Dateinamen und  Ordnerstruktur, sondern nach Meta Informationen. Das musste ich leidlich erfahren, als ich sämtliche PDFs raufgeladen hatte, und dann lesen wollte. Totales Chaos. Ich probierte dann, mit einem praktischen Batch-Renamer Tool (Link) die Datein sortierbar zu machen, indem ich informative Präfixe vor die Dateinamen setzte, was aber eben auch nix brachte, weil viele meiner Files eben Meta Informationen beinhalteten, die ich nicht mehr ändern konnte. Eine kleine Webrecherche brachte mich auf das Freeware Tool „Calibre„, dass anscheinen mit allen gängigen eReadern (und auch iPhone und Android Phones) zusammenarbeitet und mit dem man auch die Meta Infos vorbildhaft editieren kann. „Calibre“ wurde natürlich sofort ausprobiert und konnte die Versprechungen halten. So gut wie alles was das Herz begehrt kann problemlos editiert und verwaltet werden. Das Sony eigene Tool „eBook Library“ hingegen ist wirklich nur zum Download-Einkauf zu gebrauchen – und noch dazu sehr langsam, wenn einige Files zusammen kommen. Für meinen Zweck also eher ungeeignet. Ich werde es nur installiert lassen, um die gelegentlichen Firmware Updates auf das Geräte zu bringen.

Ich hatte also meine ca. 600 PDF Datein schön umbenannt, in die Calibre Datenbank geladen und sogar nach Semester und Schulfach in „Sammlungen“ (=  Interne Verzeichnisse) unterteilt, und wollte sie alle in einem Rutsch hochladen. Eine „Das Programm reagiert nicht mehr“ Message war die Folge. Mist. Aber die Festplatte arbeitete noch brav, also klickte ich die Meldung weg – und siehe da, Calibre arbeitete munter, aber still weiter. Nach einigen Minuten Verarbeitungszeit reagierte das Programm auch wieder  optisch und es konnte mit dem Raufladen weitergemacht weren. (Update: Diese Fehlrmeldung erscheint anscheinend nur, wenn Files dabei sind, die Calibre nicht verabeiten kann). Nach Beenden der USB Verbindung dauert es übrigens noch etwa 5 Minuten, bis der Reader die gut 600 Dokumente verarbeitet hat und man ihn zum Lesen verwenden kann. Bei weniger Dokumenten geht das natürlich deutlich schneller.

Übrigens besitzt „Calibre“ auch eine Funktion, mit der man beliebige RSS Feeds zu eBooks umwandeln lassen kann. Das tägliche Zeitungslesen ist somit auch kein Problem mehr und stellt für mich inzwischen einen unerwarteten und sehr willkommenen Mehrwert des eReaders dar.

Als die PDFs nun auf dem Gerät waren, gings los mit dem Überprüfen. Ganz so wie ich mir das vorgestellt hatte war das Ergebnis nicht, fast alle PDF Datein werden auf dem Reader anders dargestellt, manche einwandfrei lesbar, manche mit viel zu kleiner Schrift und manche gar nicht. Das wahllose Raufkopieren aller Unterlagen bringt hier also eher nichts, weil einfach viele unbrauchbare Dokumente anfallen. Es wird mir also nichts anderes übrig bleiben, als mein PDF Archiv über die Zeit feinsäuberlich händisch auszuwählen und auf den Reader zu übertragen. Aber da das Gerät eh eher eine Investition für längere Zeit ist, ist auch das für mich kein größeres Problem.

Bedienung bitte!

Der Sony Reader Toch Edition ist das erste Gerät seiner Art mit Touchbedienung, welche der Hauptgrund war, mich dafür zu entscheiden. Zum einen sind die Knöpfe auf fünf Stück reduziert, was den Reader optisch sehr ansprechend erscheinen lässt, zum anderen reagiert der Reader aber leider etwas träge auf Berührungseingaben. Das hält sich aber in akzeptablem Rahmen. Vor allem das Seitenumblättern durch einen „Fingerwisch“ fühlt sich angenehmer an, als auf einen Button drücken zu müssen. Der Reader wird mit einem Stift geliefert, welcher es ermöglicht, jederzeit handschriftliche Notizen direkt im Dokument zu verfassen und danach jederzeit wieder aufzurufen. Leider vergeht sicher eine Sekunde zwischen Eingabe und Reaktion am Screen, was das Notieren zwar möglich, aber nicht sonderlich flüssig macht. Vielleicht bessert sich das aber mit zukünftigen Software Updates. Es ist auch möglich, mittels einem On-Screen Keyboard schriftliche Kommentare einzugeben, oder auch direkt nach Stichwörtern zu suchen – eine äußerst praktische Funktion! Das Gerät hat zwei Englisch Wörterbücher inkludiert, die aber nicht zum Übersetzen, sondern nur zum Nachschlagen verwendet werden können. Theoretisch wäre hier eine Nachrüstung mit anderssprachigen Wörterbüchern möglich, das kommt wohl auf dem Willen von Sony an.

Die fünf Buttons erklären sich von selbst: Vor- und zurückblättern, Home, Zoom und Menü. Bei Betätigen der Menütaste erscheint ein Kontext sensitives On-Screen Menü, durch das man zB. wieder zum Inhaltsverzeichnis (sehr praktisch!) gelangen, Notizen hinzufügen, die Suchfunktion aufrufen oder zwischen horiziontaler und vertikaler Ausrichtung wählen kann (Tipp: PDF Dokumente sehen im Querformat meist besser aus). Der HOME Button bringt einem wieder ganz zum Anfang und mittels ZOOM Button kann man den Vergrößerungsmodus (praktisch für kleine Bilder) aufrufen oder zwischen verschiedenen Schriftgrößen wählen. Leider ist der Sprung zwischen „S“ und „M“ sehr groß dimensioniert, eine Zwischengröße wäre hier sehr dringend notwendig, denn die noch größeren Schriftrößen sind quasi nicht verwendbar (außer man möchte seinen Reader für den  Buchstaben-Sehtest beim Augenarzt verwenden). Einen MP3 Player hat der Reader auch noch eingebaut. Die Kopfhörer Lautstärke kann man durch zwei Tasten an der Unterseite regeln, das  Pausieren und Skippen von Songs muss man aber über das On-Screen Menü vornehmen. Eine zusätzliche Play/Pause Taste am Gerät wäre  hier auch sehr praktisch gewesen [Update: Durch längeres Drücken der „-“ Taste kann pausiert werden]. Aber andererseits wird den Reader auf Grund seiner Größe eh niemand als MP3 Player Ersatz verwenden wollen. Fotos kann er auch in Schwarz-Weiß anzeigen. Die sehen sogar recht gut aus, und es spricht eigentlich nichts dagegen, den Reader als digitalen Bilderrahmen auf dem Schreibtisch  zu verwenden :).

Resümee #1 (13.10.2009)

Klar, ein eReader wie der Sony Reader Touch Edition ist ein eher teurer Spaß, und ob die Anschaffung wirklich rentabel ist, muss ein jeder für sich entscheiden. Für mich, als großen Gadget-Liebhaber, ist es ein sehr praktisches Tool, dass mich jederzeit und quasi ohne Akkulaufzeig-Bedenken in meinen Unterlagen schmökern, die neuesten Tagesnachrichten oder einfach nur ein Buch lesen lässt Übrigens: Viele freie Bücher im „epub“ Format, zum Beispiel Klassiker der Literaturgeschichte (zB. Project Gutenberg), findet man sehr leicht im Internet. Man kann also einen eReader durchaus auch ohne Mehrkosten durch die eBook Shops der Hersteller wunderbar zum Lesen verwenden. eBooks lassen sich in der Regel einwandfrei lesen, hier passt die Schriftgröße und Formatierung der Seiten so gut wie immer, und das Umblättern geht auch flott voran. Anders kann es bei PDF Datein aussehen, da findet man wohl erst  durch  Ausprobieren heraus, ob sie richtig dargestellt werden. Will man den Sony eReader Touch Edition also so wie ich hautpsächlich für Studienzwecke verwenden, muss man schon einen gewissen Mehraufwand betreiben, um hier Ordnung in seine Sammlung zu bringen. Die Touchfunktion des Geräts ist zwar etwas schwerfällig, funktioniert aber ganz gut – nur das Lesezeichen erstellen braucht oft viele Sekunden ohne Rückmeldung. Aber eine Portion Geduld braucht man sowieso, wenn man sich mit einem eReader der aktuellen Generation einlässt. Es muss auch noch die Oberfläche des Screens erwähnt werden: Ich habe selber keine Vergleichswerte, aber in Internetberichten ist die Rede davon, dass das Display des Readers mehr spiegelt als man es von anderen Geräten gewohnt ist. Das stimmt zwar, ist mir aber bisher nicht störend aufgefallen. Klar, über eine richtige Buchseite würde ich niemals eine Plastikscheibe legen, aber es handelt sich hier ja auch nicht um ein Buch, sondern um ein elektronisches Lesegerät.

Ich habe den Sony Reader Touch Edition noch nicht lange, aber nach einer gewissen Gewöhnungsphase (ist ja doch irgendwie  kein Smartphone) gewinne ich das Gerät von Tag zu Tag lieber: Vor allem durch die praktische „Calibre“ Freeware hat man den Inhalt um Welten besser unter Kontrolle als bei Sony’s lahmer eBook Store Software. Und weil man mit Calibre RSS Feeds zu eBooks umwandeln kann, dient der Reader für mich auch als Zeitungsersatz – ich komme früh morgens leider an keiner Trafik vorbei und das Nachrichtenschmökern am Computer oder Laptop war mir um diese Tageszeit bisher ohnehin zu unbequem. Es ist zwar schade, dass es so umständlich ist, seine PDF Sammlung auf dem Reader zu organisieren, aber wenn man es mal geschafft hat, dann ist es echt praktisch, jederzeit, und ohne einen Gedanken an Akkulaufzeiten verschwenden zu müssen, tausende Seiten an Information jederzeit griffbereit zu haben.

Resümee #2 (06.04.2010)

Fast ein halbes Jahr nach Anschaffung des Sony Readers gibt’s meinem ersten Resümee eigentlich kaum etwas hinzuzufügen. Die Sony Software ist zum Vergessen und wird nur für Software Updates (von dem bisher kein einziges erschienen ist) und zum Managen der am Gerät angefertigten Zeichnungen (die man sowieso nie erstellt) zu gebrauchen. Oder halt eben zum Bücher kaufen über Online Shops. Sprich: Ohne der CALIBRE Software wäre das Gerät für mich nicht zu gebrauchen. Denn Geld gebe ich nach wie vor lieber für materielle Bücher aus. Ich verwende das Gerät hauptsächlich zum Zeitlungslesen (=CALIBRE Feature), zum Nachlesen in meinen PDF-Schulunterlagen, und neuerdings kopiere ich mir längere Artikel als PDF aus Websiten raus, um sie dann gemütlich am eReader, und nicht vorm PC lesen zu können. Was aber wiederum die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der eReader Branche aus meiner Sicht etwas zeifelhaft erscheinen lässt. Ich bin gespannt wie sich das ganze weiterentwickelt, wenn dann die WiFi/Internet Funktionen,und farbige eInk Screens zum Standard geworden sind.

Read on 😉

huma

[edit: In meinem 2. Podcast behandle ich den Sony Reader recht ausführlich]

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